

Aktuelle Informationen zu JusProg
Die Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V. (FSM) ist gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) unter anderem für die Eignungsprüfung von Jugendschutzprogrammen zuständig. Aufgrund dieser ihr gesetzlich übertragenen Entscheidungsbefugnis handelt sie dabei anstelle einer Behörde und unterliegt damit einer entsprechenden Verantwortung. Nachgelagert überprüft die KJM im Rahmen der regulierten Selbstregulierung die Entscheidungen der FSM im Hinblick darauf, ob die Selbstkontrolleinrichtung dabei ihren gesetzlichen Beurteilungsspielraum überschritten hat. Die KJM tut dies als Organ der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt.
Informationen zur Entscheidung der KJM
FSM-Eignungsprüfung von „JusProg“ ist rechtlich unbedenklich
Die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) hat der KJM am 17.11.2020 mitgeteilt, dass sie eine plattformübergreifende Eignungsbeurteilung der Softwareangebote „JusProg-Jugendschutzprogramm für iOS“ (Version 2.2), „JusProg-Jugendschutzprogramm für Android“ (Version 1.0.1) und „JusProg“ für Windows (Version 8.3.0) gemäß § 11 Abs. 1 JMStV vorgenommen hat. Im Rahmen der regulierten Selbstregulierung hat die KJM die Entscheidung der FSM hinsichtlich der rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums überprüft. Diese Prüfung richtet sich nach den für einen Beurteilungsspielraum im öffentlichen Recht allgemein entwickelten Rechtsgrundsätzen. Hierbei sind folgende relevante Kriterien zu berücksichtigen:
- Einhaltung der Verfahrensvorschriften
- Fehlen sachfremder Erwägungen
- Beachtung allgemein anerkannter Bewertungsgrundsätze
- Verkennung des anzuwendenden Rechts
- Vollständigkeit und Richtigkeit der Sachverhaltsermittlung, insbesondere keine unzutreffende Sachverhaltsermittlung
Die KJM kam zu dem Ergebnis, dass die FSM die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums nicht überschritten hat.
KJM kritisiert eingeschränkte Effektivität des Jugendschutzprogramms
„JusProg“ ist durch das positive Prüfergebnis zwar ein als geeignet beurteiltes Jugendschutzprogramm mit einer im Vergleich zu 2019 erweiterten Schutzwirkung (s. u.: „Verfahrenshistorie ab 2019“). Für einen umfassenden Schutz im Netz ist dies jedoch noch immer nicht ausreichend. Kinder und Jugendliche nutzen Online-Angebote vor allem über mobile Endgeräte und über Apps, wobei Social-Media-Dienste ganz oben auf der Liste der beliebtesten Angebote stehen. „JusProg“ ist jedoch lediglich in der Lage, klassische, vergleichsweise statische Webseiten bei Aufruf mittels eines Browsers zu filtern. Eine Erkennung von stark dynamischen Angeboten wie Social Media, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu beeinträchtigen, kann durch dieses Programm nicht geleistet werden. Auch ist „JusProg“ nicht in der Lage, auf Apps wie YouTube, Facebook, Instagram etc. zuzugreifen, da die App-Anbieter bzw. die Betriebssystemanbieter Apple und Google derartige Zugriffe durch Dritte verweigern. Web-Inhalte, die innerhalb von Dienst eigenen Apps angezeigt werden, sind derzeit ungefiltert.
Vor diesem Hintergrund kann die KJM das Programm „JusProg“ nicht als alleiniges, allumfassendes Schutzinstrument empfehlen. Es kann nur einer von mehreren Bausteinen für eine möglichst sichere Surfumgebung sein.

Verfahrenshistorie ab 2019
Der Verein JusProg e. V. hatte am 2. Februar 2019 bei der FSM einen Antrag zur Prüfung gestellt, ob sein Jugendschutzprogramm JusProg die Anforderungen an ein geeignetes Jugendschutzprogramm gemäß § 11 Abs. 1 JMStV erfüllt. Am 1. März 2019 hatte die FSM der KJM mitgeteilt, dass sie JusProg als geeignetes Jugendschutzprogramm im Sinne des JMStV beurteilt hat.
Die zuständige Medienanstalt – in diesem Fall die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) – hatte nun durch die KJM den gesetzlichen Auftrag, die Anerkennung innerhalb von drei Monaten zu überprüfen und die Entscheidung bei Überschreiten der rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums entweder für unwirksam zu erklären oder dem Anbieter des Programms Auflagen zu erteilen. Nach der Übermittlung der Entscheidungsgründe sah die mabb unter anderem wegen der Verkennung des rechtlichen Rahmens Anhaltspunkte für eine Überschreitung des Beurteilungsspielraums und hörte die FSM dazu an. In ihrer Sitzung am 15. Mai 2019 hat die KJM diese Auffassung bestätigt und festgestellt, dass die FSM bei der Eignungsbeurteilung des Programms JusProg als Jugendschutzprogramm gemäß § 11 Abs. 1 JMStV die rechtlichen Grenzen ihres Beurteilungsspielraums überschritten hat.
Übergreifende Schutzwirkung ist essenziell
Die FSM hätte nach Überzeugung der KJM bei ihrer Eignungsprüfung dem Umstand Rechnung tragen müssen, dass das Programm „JusProg“ wesentliche Teile der Nutzung von Medieninhalten durch Minderjährige nicht erfasst, da es ausschließlich für Windows-PC ausgelegt ist. Gleichwohl sind Anbieter durch die Eignungsanerkennung aber umfassend privilegiert – sie können ihre mit einer Alterskennzeichnung versehenen Angebote ohne sonstige Schutzvorkehrungen verbreiten, obwohl gerade auf den von Kindern und Jugendlichen meist genutzten mobilen Endgeräten und Betriebssystemen eine Auslesung der Alterskennzeichnung nicht möglich ist.
Andernfalls sind Kinder und Jugendliche gerade dort ungeschützt, wo sie sich in ihrem digitalen Alltag aufhalten und es würde eine signifikante Schutzlücke entstehen, die mit dem Ziel eines effektiven Jugendschutzes schlicht nicht vereinbar ist.
Rechtsmittel der FSM gegen Bescheid der mabb
Die FSM hat beim Verwaltungsgericht Berlin Klage gegen den Bescheid der mabb eingereicht und sich in einem Eilverfahren gegen die sofortige Vollziehbarkeit des KJM-Beschlusses vom Mai dieses Jahres gewendet. Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht am 28.08.2019 stattgegeben, so dass die Aufhebung der Anerkennung bis zur Entscheidung über die Klage keine Wirkung entfaltet. Gegen diese richterliche Eilentscheidung hat die mabb Beschwerde vor dem OVG Berlin erhoben und sich am 23.12.2019 mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Dienstanbieter e.V. (FSM) sowie dem JusProg e. V. als Beigeladenem auf einen Vergleich geeinigt.
JusProg e. V. hat sich im Rahmen des Vergleichs verpflichtet, innerhalb von zwei Monaten bei der FSM Anträge auf Eignungsbeurteilung von "JusProg" für iOS und Android sowie für "JusProgDNS" zu stellen. Die mabb versichert im Gegenzug, dass sie bei erfolgter Antragstellung die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ihrem Bescheid vom 16. Mai 2019 aufheben wird. Bis zu diesem Zeitpunkt wird sie keine Vollziehungs- oder Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen.
Die gütliche Einigung bezieht sich nur auf das Eilverfahren und hat keine Bindungswirkung für das Hauptsacheverfahren. In diesem steht eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin noch aus.
