Übergreifende Konzepte

Neben Jugendschutz-Konzepten für geschlossene Benutzergruppen oder technische Mittel können Anbieter technische Jugendschutzkonzepte mit einer Kombination von Maßnahmen verschiedener Schutzniveaus bei der KJM zur Bewertung vorlegen, sog. „übergreifende Jugendschutzkonzepte".

Dabei handelt es sich meist um konvergente Medienangebote, bestehend aus Telemediendiensten und Rundfunkprogrammen. Diese Konzepte sehen je nach Jugendschutzproblematik abgestufte technische Schutzmaßnahmen vor und berücksichtigen dabei oftmals Rundfunk- und Telemedien-Inhalte in einem. Um die Durchsetzung von übergreifenden Jugendschutzmaßnahmen, insbesondere in konvergenten Medienangeboten, voranzutreiben und um Anbietern Rechts- und Planungssicherheit zu geben, hat die KJM auch hier auf ihr Verfahren der Positivbewertung zurückgegriffen.

Positiv bewertete Konzepte

Folgende übergreifende Jugendschutzkonzepte hat die KJM bisher positiv bewertet. Die Bewertungen der KJM stehen unter dem Vorbehalt einer entsprechenden Umsetzung im Regelbetrieb.

Die Übersicht ist chronologisch nach Datum der Entscheidung durch die KJM geordnet.

T-Online International AG: Video-on-Demand Angebot „T-Home“

Im Rahmen des Angebots „T-Home“ integriert T-Online technische Maßnahmen mit unterschiedlichen Schutzniveaus. Jugendschutzrelevante Videos, die über eine Set-Top-Box ab-gerufen werden, sollen entweder für bestimmte Altersgruppen vorgesperrt werden (Stichwort „technisches Mittel“) oder nur für identifizierte Erwachsene (Stichwort „geschlossene Benutzergruppe“) zugänglich sein. Videos für Kinder sollen, von Erwachsenenangeboten getrennt, in einem eigenen Bereich zur Verfügung gestellt werden. Als Grundkonfiguration ist eine kindersichere Einstellung geplant.

Bei Angeboten, die jugendgefährdend sind (z.B. einfache Pornografie) und bei Filmen, die für Jugendliche nicht freigegeben sind („ab 18“), soll durch eine geschlossene Benutzergruppe sichergestellt werden, dass nur Erwachsene darauf zugreifen können. Erwachsene T-Online-Kunden, die diese Videos nutzen wollen, müssen ihre Volljährigkeit persönlich nachweisen und sich über das Post-Ident-Verfahren oder am Point of Sale (T-Punkte) identifizieren. Eine Vervielfältigung von Zugangsdaten für die geschlossene Benutzergruppe ist ausgeschlossen, da der Zugang nur identifizierten T-Online Kunden mit einer Set-Top-Box möglich ist, die im T-Com DSL-Netz angeschlossen und eindeutig zugeordnet ist. Zur Authentifizierung müssen die Nutzer zu Beginn jeder Sitzung ihre individuell zugeteilte AVS-PIN (Adult-Passwort) eingeben. Die Sitzungen sind zeitlich begrenzt. Die AVS-PIN dient neben der Freischaltung der Inhalte auch als Bezahl-PIN für den Kauf von Online-Produkten. Filmen "ab 16" Jahren will T-Online eine technische Sperre vorschalten, um Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zugang unmöglich zu machen oder zumindest wesentlich zu erschweren: Angebote, die entwicklungsbeeinträchtigend für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren sind, sollen in der Zeit von 4 bis 22 Uhr vorgesperrt sein und erst nach Eingabe einer Zugangs-PIN genutzt werden können. Diese Zugangs-PIN, die sich von der AVS-PIN unterscheidet, wird den erwachsenen Kunden, zu denen eine Geschäftsbeziehung besteht, persönlich oder per Post ausgehändigt. Die Zugangs-PIN und die AVS-PIN dienen neben der Freischaltung der Inhalte auch als Bezahl-PIN für den Kauf von Online-Produkten.

(Entscheidungen der KJM vom Mai 2006)

HanseNet Telekommunikation GmbH: „Alice homeTV“

„Alice homeTV“ wird über DSL verbreitet und bietet unter anderem eine Online-Videothek (Video-on-Demand-Dienst = Telemedien) und IPTV mit bis zu 100 TV-Kanälen (= Rundfunk). Für den Empfang ist eine mit dem Fernseher verbundene Set-Top-Box notwendig. Das Jugendschutzkonzept von „Alice homeTV“ sieht abgestufte und ineinander greifende technische Schutzmaßnahmen vor, die der Jugendschutzrelevanz der jeweiligen Inhalte entsprechen und verschiedene Schutzniveaus sicherstellen. Die Kategorien reichen dabei von besonders kindgeeigneten Angeboten über entwicklungsbeeinträchtigende Angebote (wie z.B. Filme mit Freigaben für ein bestimmtes Alter) bis hin zu relativ unzulässigen Inhalten wie einfacher Pornografie.

In der Online-Videothek werden Filme angeboten, die in der Regel mit einer FSK-Altersfreigabe gekennzeichnet sind. Dieser Bereich ist mit einer Vorsperre versehen, die sich an den Regelungen zur Vorsperre aus der „Satzung zur Gewährleistung des Jugendschutzes in digital verbreiteten privaten Fernsehangeboten“ (Jugendschutzsatzung) der Landesmedienanstalten orientiert. Die Aufhebung dieser Vorsperre verlangt abhängig von den vorgenommenen Einstellungen und der Altersfreigabe eines Films die Eingabe einer sog. „Junior-Pin“.

Video-on-Demand-Filme mit der Einstufung „keine Jugendfreigabe“ der FSK bzw. mit pornografischem Inhalt befinden sich in einem gesonderten Bereich für Erwachsene, der über ein Altersverifikationssystem mit einer speziellen „Master-PIN“ gesichert ist. Letzteres Konzept zur Sicherstellung einer geschlossenen Benutzergruppe hatte die KJM bereits 2005 positiv bewertet.

Beim IPTV-Angebot von „Alice homeTV“ waren Programme, die senderseitig mit „freigegeben ab 16 Jahren“ eingestuft sind, bislang nur zwischen 23 Uhr und 6 Uhr frei zu empfangen. Um diese TV-Kanäle künftig auch den ganzen Tag über zeigen zu können, sieht das neue Jugendschutzkonzept dafür nun ebenfalls eine Vorsperre vor, deren Freischaltung durch Eingabe der „Junior-Pin“ und begrenzt auf die jeweilige Sendung erfolgt.

(Entscheidung der KJM vom April 2007)

Arcor: „Arcor-Digital TV Parental Control“

Bei „Arcor-Digital TV Parental Control“ des Telekommunikationsunternehmens Arcor handelt es sich um ein technisches Jugendschutzkonzept eines IPTV-Plattform-Betreibers, das für ein konvergentes Medienangebot, bestehend aus verschiedenen Telemediendiensten und Rundfunkprogrammen, eingesetzt werden soll.

„Arcor-Digital TV“ wird über DSL verbreitet und bietet unter anderem eine Online-Videothek (Video-on-Demand-Dienst = Telemedien) und Digital TV bzw. IPTV mit ca. 50 frei empfangbaren TV-Kanälen sowie ca. 70 Bezahl-TV-Kanälen (= Rundfunk). Für den Empfang ist eine mit dem Fernseher verbundene Set-Top-Box notwendig. Die Inhalte reichen von besonders kindgeeigneten Angeboten über entwicklungsbeeinträchtigende Angebote (wie z.B. Filme mit Freigaben für ein bestimmtes Alter) bis hin zu ausschließlich für Erwachsene zulässigen Angeboten wie einfacher Pornografie.

Das Jugendschutzkonzept „Arcor-Digital TV Parental Control“ sieht abgestufte und ineinander greifende technische Schutzmaßnahmen vor, die der Jugendschutzrelevanz der jeweiligen Inhalte entsprechen und verschiedene Schutzniveaus sicherstellen. So ist zum einen eine technische Vorsperre in Form einer „User-PIN“ vorgesehen, die sich an den Regelungen zur Vorsperre für digitale Pay-TV-Programme – gemäß der „Satzung zur Gewährleistung des Jugendschutzes in digital verbreiteten privaten Fernsehangeboten“ der Landesmedienanstalten - orientiert. Damit können Sendungen, die für Jugendliche unter 16 Jahren beeinträchtigend sind bzw. eine FSK-Freigabe „ab 16“ haben, den ganzen Tag über und Sendungen, die für unter 18-Jährige beeinträchtigend sind bzw. die FSK-Kennzeichnung „keine Jugendfreigabe“ haben, ab 20.00 Uhr gezeigt werden. Zur Freischaltung der Sendungen muss der Nutzer die User-PIN eingeben, die er bei der Anmeldung für „Arcor-Digital TV“ erhalten hat.

Auch in der Online-Videothek kommt die Vorsperre mittels User-PIN zum Einsatz. Filme mit pornografischem Inhalt dagegen befinden sich in einer geschlossenen Benutzergruppe, die nur für Erwachsene zugänglich ist. Für geschlossene Benutzergruppen hat die KJM die Identifizierung per Face-to-Face-Kontrolle und die Authentifizierung des Nutzers bei jedem Nutzungsvorgang als zentrale Anforderungen festgelegt. Die einmalige Identifizierung und Volljährigkeitsprüfung der Nutzer wird bei „Arcor-Digital TV“ mittels Post-Ident-Verfahren durchgeführt. Die Authentifizierung bei jedem Nutzungsvorgang erfolgt über die Settop-Box und eine zusätzliche spezielle Adult-PIN. Das grundsätzliche Risiko, dass die Zugangsdaten multipliziert oder an unberechtigte Dritte weiter gegeben werden, wird dadurch reduziert, dass dem berechtigten Nutzer dabei Kosten entstehen können.

(Entscheidung der KJM vom Juli 2007)

Hermes Logistik Gruppe Deutschland GmbH: „Personifizierte Paketzustellung“

Mit dem Konzept der Hermes Logistik Gruppe Deutschland GmbH für die „Personifizierte Paketzustellung“ lag der KJM ein Konzept zur Bewertung vor, das für sich genommen nicht alle notwendigen Elemente für eine geschlossene Benutzergruppe oder ein technisches Mittel trägt, jedoch aufgrund der abgestuften Schutzmaßnahmen als Identifikations-Modul und damit als Teillösung für beide (d.h. sowohl für ein technisches Mittel der Altersstufen „ab 16“ bzw. „ab 18“als auch für eine geschlossene Benutzergruppe) und somit auch in diesem Sinne „übergreifend“ einsetzbar ist.

Das Modul „Personifizierte Paketzustellung“ der Hermes Logistik Gruppe beinhaltet eine gesicherte Identifikation und Altersprüfung im persönlichen Kontakt unter Vorlage von amtlichen Ausweisdaten, aufgrund derer an den identifizierten Nutzer, der die geforderte und von Versender vorgegebene Altersstufe erreicht hat, gleichzeitig Zugangsberechtigungen (Authentifikationsmodule wie z.B. Hardwarekomponenten) für den Telemedienbereich zugestellt werden können.

(Entscheidung der KJM vom Juli 2010)

Deutsche Post AG: „E-Postbrief“

Das Konzept der Deutschen Post AG beinhaltet im Rahmen der Registrierung für den „E-Postbrief“ über das Post-Ident-Verfahren eine gesicherte Identifikation mit Altersprüfung im persönlichen Kontakt unter Vorlage von amtlichen Ausweisdaten. Anbieter eines alterszugangsbeschränkten Telemedienbereichs können vor dem jeweiligen Zutritt auf elektronischem Wege mittels E-Postbrief individuelle Freischalt- oder Zugangsberechtigungen an den E-Postbrief-Accountinhaber übermitteln. Dieser ist als Empfänger anhand seiner standardisierten Adressierung zugleich als natürliche und volljährige Person erkennbar. Je nach Jugendschutzproblematik sieht das Konzept des E-Postbriefs anschließend abgestufte technische Schutzmechanismen vor und ist mit dieser Kombination von Maßnahmen verschiedener Schutzniveaus als übergreifendes Jugendschutzkonzept einzuordnen:

Setzt der Anbieter den E-Postbrief als technisches Mittel für den Zugang zu entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten ein, kann der Kunde den E-Postbrief mit seinen individuellen Zugangsdaten abrufen: Er loggt sich mit seiner E-Postbrief-Adresse und seinem persönlichen Passwort in seinen E-Postbrief-Account ein.

Möchte der Anbieter den E-Postbrief als Altersverifikationssystem (AVS) für den Zugang zu Telemedien-Inhalten nutzen, die nach den gesetzlichen Vorgaben ein noch höheres Niveau für den Altersnachweis und die Volljährigkeit des Nutzers erfordern (Sicherstellen einer geschlossenen Benutzergruppe im Sinne des JMStV), sieht das Konzept der Deutschen Post AG erhöhte Sicherheitsmaßnahmen vor: In dem Fall ist zum Öffnen des E-Postbriefs mit den individualisierten Zugangsdaten zusätzlich die Eingabe einer individuellen Transaktionsnummer (TAN) erforderlich. Sie wird dem volljährigen Kunden auf seine – bei der Anmeldung zum E-Postbrief registrierte – persönliche Mobiltelefonnummer gesendet.

(Entscheidung der KJM vom September 2011)

Deutsche Post AG: „E-Postident“

E-Postident ist ein weiteres Produkt neben dem „E-Postbrief“ der Deutschen Post, den die KJM im September 2011 positiv bewertet hatte. Je nach Jugendschutzproblematik sieht auch dieses übergreifende Konzept abgestufte technische Schutzmechanismen vor. Voraussetzung für die Nutzung von E-Postident ist eine Registrierung des Kunden für den E-Postbrief.

Zum E-Postbrief können sich nur Personen anmelden, die mindestens 18 Jahre alt sind. Im Rahmen der Registrierung für den „E-Postbrief“ über das Post-Ident-Verfahren ist eine gesicherte Identifikation mit Altersprüfung im persönlichen Kontakt unter Vorlage von amtlichen Ausweisdaten erforderlich. Für den Zugang zu geschlossenen Benutzergruppen wird der volljährige Nutzer vom Anbieter automatisch zum System E-Postident der Deutschen Post weitergeleitet und gibt dort in einer Maske seine E-Postbrief-Zugangsdaten (E-Postbrief-Adresse und persönliches Passwort) sowie eine individuelle Handy-TAN ein.

Setzt der Anbieter zukünftig den E-Postbrief als technisches Mittel für den Zugang zu entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten ein, muss der Nutzer – wiederum nach einer Weiterleitung vom Anbieter zum System E-Postident – in einer Maske nur seine E-Postbrief-Adresse und sein persönliches Passwort eingeben, eine zusätzliche Authentifizierung mittels Handy-TAN entfällt.

(Entscheidung der KJM vom Mai 2012)